Mitte Oktober 2021 hatte das Warten auf die Läufigkeit ein Ende - ziemlich pünktlich im Rahmen der bisherigen Abstände. Da mir bisher nicht wirklich deutlich war, wann Eule in den Stehtagen sein würde, war klar, dass wir auf jeden Fall Progesteron-Tests machen würden. Der erste Test an Tag 7 war dann aber schon etwas höher als ein Grundwert, so dass wir 2 Tage später auch wegen dem bevorstehenden Wochenende den 2. Test machten.
Das Ergebnis im Zusammenhang mit der Prognose des Labors sagte: Bitte ab Übermorgen decken.
Zugegeben, dass hat mir spontan den Schweiß auf die Stirn getrieben - warum geht das denn jetzt plötzlich so schnell?! Dank großartiger Freunde war der Plan schnell gemacht und ich hatte noch mal 48 Stunden Zeit, mir zu überlegen, ob das jetzt wirklich eine gute Idee ist ;-)
Die Idee blieb gut, so dass wir am Sonntag nach knapp 6 Stunden Fahrt beim Rüden ankamen. Für mich war das alles komplett neu, aber ich hatte ja erfahrene Begleitung, was mich sehr beruhigt hat. Die beiden Hunde haben eh nicht lange gefackelt und der Deckakt lief ganz nach Lehrbuch.
Vor der Rückfahrt wurden wir noch bestens mit Essen und Kaffee versorgt - vielen Dank dafür!
Es gibt einen Spruch: Das erste Decken ist für Welpen, das zweite für die Nerven des Hündinnen-Besitzers. Ob das stimmt, werden wir nie erfahren, weil wir trotzdem am übernächsten Tag noch mal zum Decken gefahren sind. Auch da gab es einen völlig unkomplizierten Deckakt.
Meine Nerven waren tatsächlich sehr entspannt :-)
Daran hat sich auch im Laufe der 1. Woche nach dem Decken nicht viel geändert.Es gibt ja auch nicht viel zu tun.
Der Deckschein musste an den DRC geschickt werden, Termine für Herpes-Impfung (wenn man das machen möchte) und Ultraschall wurden vereinbart. Ein bisschen Schlaf nachholen wäre schön gewesen, aber das normale Leben kam wie so oft dazwischen.
Und, merkt man schon was? Guckt Eule komisch? Glaubst Du, dass es geklappt hat?
Solche und ähnliche Fragen häufen sich in dieser Woche von vielen Mit-Wissern dieses Projektes. Verständlich. Auch ich hab mich im Vorfeld gefragt, ob was dran ist an den „Ahnungen“, die so manch ein Züchter haben will. Aber entweder fehlt mir die Erfahrung oder die Antennen für „Ahnung“ - ich merk der Eule so gar nichts an.
Zurück auf den Boden der Tatsachen:
Sie ist genau so wie immer - lustig, munter, verfressen und komisch gucken tut sie dabei auch nicht.
Allerdings bin ich auch entspannt. Der Verlauf bis hier her war eben so wie er sein soll. Mehr braucht es nicht.
Ach doch, Geduld 😅
Wann genau der Wunsch, Toller zu züchten, auftauchte weiß ich gar nicht mehr.Aber es gab diesen einen Moment, in dem ich dachte: Das muss doch auch (wieder) anders gehen.
Knapp 11 Jahre lang hatte ich eine Toller-Hündin, die mir unendlich viel über Toller und Hunde beigebracht hat. Als sie starb, war schnell klar, dass ich nicht ohne Hund leben wollte und tat, was man dann so tut. Oder was ich dann eben so tue.
Züchter-Listen durchgehen, deren Websites lesen, innerlich ein- und aus sortieren. Nochmal googeln, in Foren lesen, Facebook-Gruppen durchklicken, Nächte lang.
Eines las ich immer wieder: „Toller und Kinder? Das ist keine gute Idee!“Mal freundlich und mal sehr aggressiv formuliert.
Was war denn bloß in den letzten 10 Jahren passiert?
Als ich vor 14 Jahren nach meinem ersten Toller suchte, waren Kinder egal. Also nicht die Kinder an sich, aber es spielte keine große Rolle, ob man als Welpen-Interessent Kinder zuhause hatte oder nicht.Und jetzt sollten Kinder und Toller nicht mehr zusammen passen?Wie hatte es hier zuhause 7 Jahre lang bloß geklappt, dass Kind und Toller friedlich miteinander überlebt haben?
Es zeigte sich immer mehr, dass scheinbar einige Toller-Züchter Toller in die Welt brachten, die nicht mehr das ausgeglichene Nervenkostüm mitbrachten, um auch in einer Familie mit kleinen Kindern zurecht zu kommen. Natürlich steht und fällt all das auch mit dem Geschick der erziehenden Erwachsenen in einer Familie. Aber daran allein liegt es ja nun nicht nur.
Was parallel aber zugenommen hatte - so mein Eindruck - war der Anteil der Züchter, die ihren Fokus stark auf die jagdlichen Anlagen gelegt hatten. Und Ihren Nachwuchs bevorzugt in Jäger-Hände abgeben.
Man muss dazu verstehen, wo der Toller her kommt.Als Jagdhund, genauer gesagt als Lock- und Apportier-Hund braucht er eine schier unendliche Ausdauer, muss jeder Zeit motiviert und hochaktiv mit seinem Menschen kooperieren. Um dann wieder leise und entsapnnt auf seinen nächsten Einsatz zu warten.Er braucht aber auch eine Portion Selbstbewusstsein und Mut, alleine Entscheidungen zu treffen, die im Sinne des Jagderfolges stehen.Außerhalb der Jagd sollte der Toller ein angenehmer, ruhiger Geselle sein.
Genau diese Mischung, ausgewogen natürlich, ist es doch, was den Toller ausmacht. Einiges davon zeigt er von ganz allein allein, anderes muss man etwas heraus kitzeln. Aber ängstlich, nervös oder scheu? Das ist der Toller nicht in seinem Ursprung.
Mir schien, dass hier und da in der Toller-Zucht genau dieses Gleichgewicht nicht mehr stimmte.Ich kann das alles natürlich nur vermuten, beweisen kann ich nichts davon.Es hat hat aber dazu geführt, dass ich den Gedanken nicht loswurde, meinen, kleinen Teil dazu betragen zu wollen, dass das nicht so bleibt.
Dass ich am Ende dieser langen Nächte ein paar Monate später mit einem Flat Coated Retriever Welpen nach Hause fuhr, hatte dann aber ganz andere Gründe.
Als ich Eule Anfang 2020 zur JAS anmeldete, dachten alle noch, es würde ein ganz normales Jahr werden.
Diese Anlagensichtung wollte ich unbedingt mit ihr machen, weil ich mir erhoffte, einen ganzen Tag mit Richtern und anderen Hunde-Menschen verbringen zu können. Und am Ende eine umfassende Momentaufnahme meines Hundes im Bezug auf ihre Arbeitsanlagen ausgehändigt zu bekommen.
In 5 verschieden, jagdnahen Aufgaben wird der Hund auf seine Anlagen gesichtet und mit einem Punktesystem bewertet, was am Ende des Tages keinen Sieger ausruft. Ausgewogen sollen die Punkt sein, nicht zu viel und nicht zu wenig. Das klingt machbar für jemanden wie mich, der keine Wettkämpfe mag.
Und dann kam Corona. Und damit die Absage bzw. Verschiebung der Prüfung auf „wenn wir wieder dürfen“.
Mein bereits nervöses Nervenkostüm konnte sich also wieder schlafen legen, das Wild schlummerte eh im Gefrierschrank und Eule? Die ahnte ja nichts.
Im August dann die Nachricht: „Wir dürfen wieder, aber…“
Das Aber möchte ich an dieser Stelle gar nicht so weit ausschmücken, weil nicht alles für mich nachvollziehbar daran war.
Da für die Sichtung nur Hunde bis 18 Monate gemeldet werden dürfen, war Verschieben keine Option.
Was blieb, war die sogenannte „Corona-JAS“ - quasi 2 Aufgaben in einem Durchgang. Schleppe und Freiverlorensuche.
15 Minuten bei über 30 Grad hat Eule ausdauernd gesucht, die Ente gefunden, Ente gebracht, Schüsse an sich vorbeiziehen lassen und am Ende auch noch das Kaninchen gefunden und zugetragen. Das wars.
Aber nun gut, besondere Zeiten, besondere Maßnahmen.
Die Sichtung war für uns also mehr eine Eintrittskarte für kommende Prüfungen als auch noch ein ausführlicher Blick von Außen auf Eules Anlagen.
Rückblickend war es eine spannende Erfahrung, war es doch tatsächlich meine erste „Prüfung“ mit Hund - und Eule hat einfach gemacht, was sie am besten kann. So ein toller Vogel!